Friday 28 October 2011

Hallo aus Kenia (German)

Hallo Ihr Lieben,

nach diversen sommerlich-herbstlichen Reisestationen in Deutschland, den USA und Saudi-Arabien befinde ich mich nun seit einigen Tagen in Kenia, wo ich für IBM am sog. CSC-Programm teilnehme (Corporate Service Corps). Dieses Programm sendet nach einer Bewerbungsphase ca. 10-15 IBM-Kollegen aus aller Welt in jeweils ein aufstrebendes Schwellenland, um dort 4 Wochen lang kostenlos ein Entwicklungshilfeprojekt mit Bezug zur Informationstechnologie mit Behörden oder Nichtregierungsorganisationen des Landes durchzuführen. Siehe mehr unter http://www-05.ibm.com/de/ibm/engagement/projekte/globalisierung.html
Unterstützt und durchs Land vermittelt werden wir von Kollegen einer lokalen IBM-Partnerfirma, die alle möglichen Kontakte hat und uns wunderbar in Land und Leute eingeführt haben. Außerdem waren wir bei der örtlichen IBM-Dependance "East Africa" zu Gast, die uns auch tatkräftig unterstützt.

Nach ca. 20 Stunden Flug wurden wir erstmal in Nairobi untergebracht und reisen am Mittwoch nach Machakos weiter, einer mittelgroßen Distrikthauptstadt in der Nähe. Von dort aus bearbeiten drei Teil-Teams Projekte bei der Industrie. und Handelskammer, beim e-Government-Rat des Präsidenten und beim Wissenschafts- und Hochschulministerium. Ich habe mich für das Letztere angemeldet, was ja beim bisherigen Arbeitshintergrund auch gut passt. Rahmen für alle drei Projekte ist die sog. "Vision2030", ein breites Zukunftsprogramm der Regierung, das Kenia in die Liga der Industrie- und Wissensökonomien katapultieren soll. Das ist sicher in vielerlei Hinsicht sehr ehrgeizig (v.a. wenn man die aktuelle Entwicklung verfolgt hat, nachdem kürzlich eine Französin aus der Küstenregion entführt und getötet wurde, und die kenianische Armee die Täter nach Somalia verfolgt hat), aber als Programm absolut richtig: das Land hat exzellente junge Nachwuchskräfte, und die Wirtschaft ist auf Wachstum eingestellt, sofern denn die regionalen und politischen Rahmenparameter stimmen. Die diversen internen Konflikte zwischen über 40 vielsprachigen Stämmen, unterschiedlich reichen Regionen und etlichen Klientelparteien wurden in den letzten Jahren durch eine neue, konsequent föderalistische Verfassung auf friedlichem Weg glücklich eingedämmt, und die Nachbarn Sudan und Uganda beruhigen sich auch allmählich. Es könnte also wirklich klappen, wenn dann auch Somalia endlich einmal zur Ruhe findet. Die Erfolgspotenziale liegen sicher in der guten Ausbildung der Menschen (Englisch und oft noch eine weitere Sprache sind Standard), und in einer bereits vorhandenen und ausbaufähigen Industrie- und Handelsbasis, sowie diversen landwirtschaftlichen Ressourcen und dem Tourismus. Die IBM-Niederlassung ist immerhin seit 2009 von 5 auf 60 Mitarbeiter gewachsen, ein klares Zeichen für den Aufbruch im Lande.

Unser Gesamtteam besteht aus 14 IBM'ern aus den USA, Kanada, Mexiko, Japan, Indien, Türkei, Dänemark und Portugal. Wir sind zu viert je Team: in meinem Team sind noch zwei Damen aus Dänemark und Kanada, sowie ein Kollege aus Indien dabei und wir werden für das Ministerium eine Strategie entwerfe, wie die Innovationskultur in den Unis und Forschungseinrichtungen künftig noch besser gefördert und gemessen werden kann, eine jedenfalls sehr interessante Aufgabe. Heute hatten wir ersten Kundenkontakt im Ministerium: der nette Staatssekretär Prof. Areba hat uns empfangen, und wir haben uns präsentiert und ersten Kontakt hergestellt, morgen geht es dann auf der Arbeitsebene weiter.

Gestern waren wir bei der Handelskammerverwaltung zu Gast: dort musste improvisiert werden, denn der vorgesehene edle und getäfelte Sitzungsraum war zum Einen irrtümlicherweise abgeschlossen, und die Präsidentin nebst Stellvertreter hatte zum Anderen auch leider zu spät von dem geplanten Termin mitbekommen und die beiden trafen dann nach hektischen Telefonaten ad hoc direkt aus dem Urlaub ein, konkret vom örtlichen Rugby-Stadion, noch mit entsprechenden Fantrikots angetan, und mit Wuwuzela-Tröte unterm Arm (Beweisfoto anbei! Das glaubt einem ja sonst keiner). Getagt wurde dann in einem kleinen Büro, war aber dann auch kein Problem ... wie das meiste an Schwierigkeiten, wo man es erst denkt, sich hier immer in Wohlgefallen auflöst, da jeder mit Humor und Gelassenheit dagegen angeht.

Davor haben wir am Wochenende bereits Nairobi erkundet, eine wirklich sehr schöne und auch moderne Metropole (einschlägige Bilder anbei), mit etlichen Restaurants, Museen, Parks und und Ausflugszielen. Die Stadt ist sehr sicher (was man von der Küste derzeit wohl nicht behaupten kann --- die ist aber auch 5 Stunden entfernt), und IBM hat uns zur auch einen Sicherheitsberater organisiert, der immer ganz in der Nähe ist und auf Abruf bereit ist per Telefon.

Auf dem samstäglichen Massai-Markt in der Innenstadt konnten wir erfahren, wie das Einkaufen hier funktioniert: der Markt, der neben Schnitzereien, Stoffen und Andenken auch diverse Kleidung anbietet, ist so aufgebaut, dass man am Eingang von einem "Einkaufs-Berater" an die Hand genommen wird, der einem einen "Maybe Bag" in die Hand drückt, in das man alles hinein wirft, was vielleicht gefallen könnte. Preise gibt es keine, sondern am Ende der Tour wird unter einem Baum abseits diskret aussortiert und der verbleibende Rest dann als Gesamtpaket pauschal nach einschlägiger Feilsch-Technik aus verhandelt: da kann es durchaus kontrovers hergehen...und wer den längeren Atem beim Handeln hat, der siegt. Der Berater nimmt am Ende das Geld und verteilt das an die eigentlichen Verkäufer, die ihm dann vermutlich eine Vermittlungsgebühr überlassen.

Außerdem wurden wir gleich in eine Außengottesdienstparty einer örtlichen Kirche verwickelt, die auf einem großen Platz vor dem Kongresszentrum abgehalten wurde (Bild anbei) und nachdem wir beim Vorbeilaufen gesichtet waren, wurden wir sofort herbeigerufen und in die diversen Conga-Runden und Tanzkreise integriert und zudem noch vom anwesenden Lokal-Fernsehen interviewt. Die Predigt selbst war eher kurzweilig: ein paar aufmunternde Worte des Pfarrers leiteten direkt in das Musikprogramm über. Man denkt sich so dabei, dass die Kirchenaustritte in Deutschland sicher auch weniger würden, wenn die Besucher sonntags nach der recht kurzen Predigt gleich einen Ententanz zur Livemusik machen könnte, bunte Fahnen schwingen darf, und dazu Speisen und Getränke serviert werden. Nach dem Ende der Versammlung kam dann ein großer Umzugswagen (so ähnlich wie beim Rosenmontag), da sprangen dann alle auf und fuhren mit Musikuntermalung feiernd weiter durch die Stadt. Wir ließen sie ziehen und staunten!

Das soll es auch erstmal gewesen sein: näheres bald aus Machakos und Euch eine schöne Woche & viele Grüße,

Euer Bahram














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